FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt hat sich nach dem
Rücksetzer zum Wochenstart am Dienstag lethargisch gezeigt. Am
Nachmittag verlor der Dax 0,14 Prozent auf 15 324,06
Punkte. Damit trete der Leitindex "auf hohem Niveau auf der Stelle",
kommentierte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker
Robomarkets.
Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 0,39
Prozent auf 29 208,42 Punkte nach unten, wogegen der
Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 0,05 Prozent auf
4207,35 Zähler gewann.
Am Donnerstag hatte der Dax mit 15 520 Punkten noch den höchsten
Stand seit fast einem Jahr erreicht. Die durch den starken
US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag angeheizten Zinssorgen drückten
ihn zu Wochenbeginn aber zeitweise bis auf 15 275 Punkte nach unten.
An den US-Börsen war es vor allem für Technologiewerte weiter
abwärts gegangen, wobei sich nach dem europäischen Handelsende aber
nicht mehr viel getan hatte - aktuell zeichnet sich hier ebenfalls
wenig Bewegung bei einer uneinheitlichen Tendenz ab.
Der Dax zeige weiter eine erstaunliche Stabilität, schrieb Molnar.
Er verwies - auch am Beispiel der laufenden Warnstreiks bei der
Deutschen Post , für deren Beschäftigte die
Gewerkschaft Verdi 15 Prozent mehr Lohn und Gehalt fordert - auf die
Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale in Zeiten einer ohnehin schon hohen
Inflation.
Am späteren Nachmittag steht eine Rede von US-Notenbankchef Jerome
Powell auf der Agenda, bei der die Marktteilnehmer angesichts
neuerlicher Zinssorgen wohl besonders genau zuhören werden. Bereits
davor fanden Konjunkturdaten und Unternehmenszahlen die
Aufmerksamkeit der Anleger.
Die Industrie in Deutschland schloss ein turbulentes Jahr 2022 noch
deutlich schwächer als erwartet ab, wie der Produktionsrückgang im
Dezember gegenüber dem Vormonat belegt. Der Rücksetzer stimme
nachdenklich, da sich die Lieferkettenschwierigkeiten in den
vergangenen Monaten deutlich gemildert hätten, schrieb Volkswirt
Thomas Gitzel von der VP Bank. Sie fügten sich indes in das Bild
schwacher Dezember-Daten.
Der Energietechnikkonzern Siemens Energy berichtete
für das erste Geschäftsquartal einen mehr als verdoppelten Verlust -
dennoch zeigten sich die Aktien zuletzt mit minus 0,2 Prozent etwas
erholt von den vorherigen Verlusten. Während sich das eigene
Geschäft deutlich verbesserte, verhagelten erneute Belastungen bei
der Windkrafttochter Siemens Gamesa das Ergebnis.
Siemens Energy hatte deswegen bereits vorläufige Zahlen
veröffentlicht und den Ergebnisausblick gesenkt.
Die Anteilsscheine des Industriegase-Konzerns Linde
zeigten sich nach Zahlen kaum verändert. Dank einer hohen Nachfrage
aus der Elektronik- sowie den Metall- und Bergbauindustrien konnte
das derzeit wertvollste Unternehmen an der Frankfurter Börse, das
den Dax in wenigen Wochen verlassen wird, seinen Gewinn 2022
steigern und will 2023 noch eine Schippe drauflegen. Trotz einer
sich abschwächenden Entwicklung im asiatisch-pazifischen Raum und in
Europa habe Linde ein wenig besser als erwartet abgeschnitten,
schrieb Analyst Markus Mayer von der Baader Bank. Beim bereinigten
Ergebnisausblick (EPS) sieht er etwas Luft nach oben.
Die Aktien von Synlab brachen am Ende des
Nebenwerte-Index SDax auf ein Rekordtief ein und
verloren zuletzt 21 Prozent. Der Laborspezialist legte Eckdaten für
2022 vor und senkte seine Ziele für 2023 wegen einer geringeren
Nachfrage und niedrigeren Preisen bei seinen Corona-Tests.
Christophe-Raphael Ganet von der Investentbank Oddo BHF reagierte
darauf mit einer doppelten Abstufung der Aktie.
Dagegen konnten sich die Anteilseigner von Teamviewer
über einen Kurssprung von rund zwölf Prozent und den
MDax-Spitzenplatz freuen. Die Aktien waren zeitweise wieder so teuer
wie zuletzt im vergangenen Frühjahr. Der Spezialist für
Fernwartungssoftware nimmt sich nach dem guten Schlussquartal 2022
für das neue Jahr überraschend viel Geschäft vor. Ein Börsianer
sprach von einem soliden Ausblick, der zusammen mit den
angekündigten Aktienrückkäufen den seit Jahresbeginn stagnierenden
Titeln erst einmal helfe.
Der IT-Dienstleister Bechtle verzeichnete im
vergangenen Jahr auch dank eines starken Schlussquartals ein
weiteres kräftiges Wachstum, wie Eckdaten belegen. Die Aktien
verloren dennoch 0,4 Prozent und zollten damit der etwas
enttäuschenden Profitabilität sowie ihrer guten Entwicklung seit
Jahresbeginn weiter Tribut. Am Donnerstag hatten sie noch den
höchsten Stand seit Mitte September markiert.
Neben Zahlen bewegten auch Analystenaussagen. Beim
Mobilfunk-Anbieter Freenet sorgte eine Kaufempfehlung
der französischen Großbank Societe Generale für Gewinne von 0,8
Prozent. Eine gleich doppelte Hochstufung durch Exane BNP Paribas
bescherte dem Autovermieter Sixt ein Kursplus von 1,9
Prozent.
Dagegen ließ eine Abstufung durch die Privatbank Berenberg die
Aktien des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus um 1,8
Prozent sinken. Experte Philip Buller begründete seine nun geltende
Verkaufsempfehlung mit dem negativen Einfluss von
Inflationsschutzklauseln in Flugzeug-Lieferverträgen auf die
Profitabilität.
Der Euro setzte seinen Abwärtstrend fort und kostete
zuletzt 1,0699 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte
den Referenzkurs zuletzt am Montagnachmittag auf 1,0776 Dollar
festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,26 Prozent am Vortag
auf 2,29 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,08
Prozent auf 125,90 Punkte. Der Bund-Future verlor
0,28 Prozent auf 136,44 Zähler./gl/mis
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008 EU0009658145 DE0008467416
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